3.1.1 Über die Gesetze

Gesetze sind abstrahierte Sätze von Normenbegrenzungen. Einerseits definieren sie positiv, also als ius positivum, Normen und Tatbestände, andererseits definieren sie deren Grenzen und Sanktionierungen bei deren Überschreitung.

In der Abgrenzung zum göttlichen Gesetz, dem ius divinum, das lange Zeit auch in Europa als unabänderliche Rechtsgrundlage galt (in Teilen Deutschlands galt das römische Recht bis 1900!), und dessen Teile immer noch in einigen Landesverfassungen mitschwingen, ist das positiv GESETZTE Recht menschengemacht, unvollkommen und änderbar. Die dritte uns schon aus der antike bekannte Rechtsart ist das Naturecht, nach welchem jeder Mensch durch seine Geburt Rechtsträger ist.

In modernen Gesellschaften hat sich das gesetzte Recht durchgesetzt. Das hat natürlich weitgehende Folgen für die Gesellschaften, die unter diesen kodifizierten Regeln leben: Der Handlungsrahmen sowohl des Einzelnen, der Gruppen wie auch der Gesellschaft werden durch Normen bestimmt, die die Bevölkerung bestenfalls über frei gewählte Vertreter selbst bestimmt.

Das abstrakte Recht als gesetzter Akt ist also das Fundament jeglicher moderner Gesellschaftsordnung und das Ergebnis einer gesellschaftlichen Denkaktivität über 2500 Jahre hinweg.

Wir müssen den Durchbruch des gesetzten Rechts unter den Voraussetzungen der geistigen Entwicklung in diesem Buche sehen: Vom „Homo-Mensura-Satz“ („Der Mensch ist das Maß aller Dinge“) vom griechischen Philosophen Protagoras ausgehend, über die Rechtsgarantien der Antike, vor allem dem der jüdisch-christlichen Kultur über den römischen corpus iuris civilis und den französischen code civil bishin zum BGB, den EU-Verträgen und der noch zu gestaltenden EU-Verfassung.

Wir haben also in unserer Rechtsordnung immer noch die drei Rechtsprinzipien enthalten. Beispielhaft könnte man anführen: 1. Das Naturrecht als Würde des Menschen in Art. 1 GG, 2. Das Göttliche Recht als Präambel in Landesverfassungen und 3. das gesetzte Recht im Großteil der Normen und Vorschriften, die uns tagtäglich binden.

Die Vorteile des gesetzten Rechts gegenüber den anderen Rechtsarten liegen selbstverständlich in seinem Ursprung. Menschen machen Regeln für Menschen. Das ist die Grundformel des modernen Rechtsstaats. Philosophisch gesehen regiert im Gesetz die menschliche Vernunft.

Die Regentschaft der Vernunft wiederum wird von nahezu allen Philosophen gefordert, weil sie moralisch und ethisch als gut bewertet wurde. Wir erinnern uns an Platons Nomoi und den Philosophenstaat des Aristoteles oder Marc Aurels Überlegungen zum Staat.

Die Begründung des Guten im Gesetz war also nicht mehr das Befolgen eines wie auch immer gearteten „göttlichen Bewusstseins“ oder einer eines abstrakten „Naturzustandes“, der empirisch eh nie richtig zu definieren war (und übrigens immer noch ist – auch hierzu siehe John Rawls’ Theory of Justice), stand nun die Gesellschaft als solche vor der moralischen Aufgabe das Wohlergehen seiner Mitglieder definieren zu müssen.

Mir ist an dieser Stelle jedoch der Seins-Grund unserer Gesellschaftsordnung wichtig – zu den weiteren Einzelheiten kommen wir später.

Das Verstehen dessen, dass aus einer gottgegebenen Ontologie, also einer übermenschlichen Seinslehre über mehrheitlich definierte Abstraktionen menschengemachte Seinsgrundlagen geschaffen werden können, ist elementar.

Die Menschheit hat sich mit der Entwicklung ihres Rechtswesens, genauer gesagt mit der Methode der Entwicklung eben genau dieses Rechtswesens von der Gottesherrschaft befreit! Das heißt aber, wir haben die Kant’sche Aufforderung zur Befreiung aus unserer selbstverschuldeten Unmündigkeit schon vollzogen! [1]

Gesetz ist also Befreiung von Gott. Besser gesagt, Befreiung von der Gottesherrschaft. Gesetz ist also Menschwerdung im Jung’schen Sinne. Das Gesetz ist weit mehr als eine Handlungsempfehlung für den Alltag der Menschen – Die Erfindung des kodifizierten, gesetzten Rechts hat uns erst zu mündigen Bürgern gemacht. Die Herrschaft des Gesetzes erst ermöglicht es den Menschen, selbst über sich zu bestimmen, weil die Menschheit erst mit diesem Instrument dynamische Normenentwicklung betreiben kann.

Es klingt absurd, aber es ist tatsächlich so: Das Gesetz ist Freiheit. Oder anders ausgedrückt: Wir können nur frei sein, wenn wir unter der Herrschaft des abstrakten Gesetzes leben können. Nicht Gott, nicht die Natur, kein Einzelner, nicht das Geld, nicht die Mode, nicht die Ethik und nicht die Moral, nicht die Wissenschaft und schon gar nicht der Krieg machen uns frei – nur die Herrschaft der Vernunft bürgt für die Freiheit der Menschheit.

Und jetzt erkennen wir, warum wir mit Gottes-Staaten nicht verhandeln können – sie stehen schlichtweg nicht auf einer Denkstufe mit uns. Sie leugnen diese ganzen hunderte von Jahren an Denken, an Kampf, an Versuch und Irrtum.

Es ist völlig klar, das jeglicher Gottes-Staat dieses Staats- und Freiheitskriterium nicht erfüllt – und so auch nicht in die Gemeinschaft der modernen Staaten gehören kann. Die Begründung der Ablehnung von religiös verfassten Staaten ist also nicht in der inhaltlichen Ausgestaltung des religiösen Grundlagentextes zu sehen, sondern vielmehr in der Rechtsgrundlage seiner Verfassung – genauer in dem ius divinum, welches ihm zu Grunde liegt. Nach unserer (Derzeit gibt es 192 Mitgliedsstaaten in der UN, auf deren Charta ich hier rekurriere) Auffassung kann ein ius divinum nach 1945 nicht mehr als Staatsgrundlage dienen. [2]

Ähnliches gilt für atheistische Diktaturen – wenn man Gott durch eine Partei ersetzt, bleibt das Prinzip der Anbetung dasselbe.

Mit der Relativierung der den Gesetzen zu Grunde liegenden Normen nämlich wurde die geistige Entwicklung der westlich geprägten Staaten enorm beschleunigt. Sowohl die hinderlichen ewigen Regeln der Kirche, wie auch die langatmigen Veränderungen in der Naturrechtsdiskussion mussten einer pragmatischen, schellen und dynamischen Rechtssetzung, begründet auf einem freiwillig festgelegten Wertekanon, weichen.

Eine spannende Diskussion wäre übrigens, warum diese Normen immer weiter in Richtung Schutz des Individuums von Statten gingen und warum die hart errungene Freiheit der Gesetzgebung von immer mehr Menschen fahrlässig, auch im Namen einer angeblichen Terrorbekämpfung, aufs Spiel gesetzt wird.

Wir sehen also die enorme Bedeutung der Rechtsordnung für unsere Gesellschaften. Umso wichtiger ist es, die gesetzgebende Gewalt, das Parlament, ernst zu nehmen.

Die Qualität unserer Gesetze bestimmt direkt die Qualität unseres Menschseins. Wir können frei wählen. Das sollten wir tun. Und wir können die Freiheit wählen. Das müssen wir tun, wenn wir auch in Zukunft von den Früchten des Rechtsstaates leben wollen.

3.2 Markt braucht Regeln

Monopole sind der Feind des Liberalen

Zum Grundverständnis der freiheitlichen Wirtschaftsordnung gehören die elementaren Prinzipien eines funktionierenden Wettbewerbs-Mechanismus: Freie Preisbildung, uneingeschränkter Marktzugang sowohl für Anbieter wie auch für Nachfrager, polypolistische Konkurrenz, d.h. die Anwesenheit von so vielen Marktteilnehmern, dass die Einflussmöglichkeiten des einzelnen Marktteilnehmers vernachlässigbar auf das Gesamtangebot bzw. die Gesamtnachfrage ist, und, last but not least, die bestmögliche Markttransparenz für alle Markteilnehmer.

Aus diesem Grundverständnis muss als politische Implikation die Forderung nach einer Wettbewerbsordnung auf den Teilmärkten einer Volkswirtschaft erwachsen, denn: Im Gegensatz zum KAPITALISMUS, der ja per definitionem Kapital-Akkumulation als maximales absolutes Gewinnversprechen geradezu voraussetzt, und, nebenbei bemerkt gesellschaftspolitisch äußerst negative Implikationen hat, setzt der LIBERALISMUS auf das logische Gegenteil: Polypolistische Marktkonkurrenz kann nur bei geringer Kapitalakkumulation stattfinden! Das Gewinnversprechen des Liberalen ist also relativ und optimal.

Wie bitte? Also noch mal: Im Kapitalismus funktioniert das System so: Mit (oftmals öffentlichem) Kapital ausgestattete Unternehmer gründen mit staatlichem Wohlwollen Unternehmen. Die Unternehmen produzieren Güter und machen Gewinne. Der „wohlwollende“ Staat schützt diese (Groß-) Unternehmen und sichert ihnen Monopolstellungen auf Teilmärkten zu, um „Gemeinwohl-Aufgaben“ gesichert zu sehen. Beispiele hierfür gibt es zuhauf: VW-Gesetz, Gasmonopole, Stromversorger, Ölindustrie, usw.

Im Liberalismus hingegen gründet der Unternehmer sein Unternehmen mit Eigenmitteln oder mit privat geliehenem Kapital. Der Staat schützt das einzelne Unternehmen also nicht, sondern er bietet nur Rahmenbedingungen für das Unternehmertum im Allgemeinen und die Märkte im Ganzen. Dadurch kann jeder ein Unternehmen gründen in jedem Wirtschaftsbereich, ohne staatliche Interventionen fürchten zu müssen oder andererseits erwarten zu können. Dadurch entsteht Wettbewerb, die Nachfrage und die Produktion werden verteilt (ob und wie gerecht, ist dann eine andere Frage, siehe hierzu John Rawls‘ Theorie der Gerechtigkeit) so dass eine geringere Ansammlung von Kapital (=Kapitalakkumulation) stattfinden kann.

Die Tendenz des Kapitals zur Akkumulation im Kapitalismus, d.h. Anhäufung bei nur wenigen, führt letztendlich zu Monopolstrukturen sowohl auf Anbieter-, wie auch auf Nachfragerseite. Somit ist der Kapitalismus als Idee alleine nicht dazu geeignet, eine liberale Markt- und Gesellschaftsordnung zu gewährleisten. Die oft von der politischen Linken aufgebrachte Anschuldigung an die politischen Liberalen, Vertreter des KAPITALS zu sein, ist somit grundlegend FALSCH.

Das Kapital und der Kapitalismus fühlen sich immer dort am wohlsten, wo sich durch Regelungen und staatliche Interventionen gefestigte Strukturen zugunsten eines oder weniger Akteure festigen können – im Politischen ist das sowohl bei der Konservativen und, oft gestützt auf „Schutzregeln“ für die unmündige Bevölkerung, bei den Sozialdemokraten moderner Prägung der Fall. Oftmals sitzen die größten Kapitalisten gerade da, wo man sie aufgrund ihrer Sonntagsreden nicht vermuten würde.

Wir müssen lernen, klar zwischen der IDEE der Freiheit und dem MITTEL des Kapitals zu unterscheiden. Beide können sowohl gebraucht wie auch missbraucht werden. Die in den letzten Jahrzehnten gezogenen Linien und Vereinfachungen zwischen „Sozialisten“ und „Kapitalisten“ sind historisch wie faktisch überholt – Heute sind oftmals die vermeintlich „sozialen“ die größten Kapitalisten, indem sie gewachsene Monopol-Strukturen unterstützen – ja geradezu Mitglied in ihnen geworden sind. Die Arbeitnehmerbeteiligung in den Aufsichtsräten von Großunternehmen führt zu der absurden Situation, dass gut gemeinte Gewerkschaftsvertretung Wettbewerb verhindert, Monopole und Großkapital stärkt und somit die ursprüngliche Intention der Interessenvertretung des „kleinen Mannes“ ad absurdum geführt wird.

Solche Strukturen müssen abgeschafft werden, Monopole müssen gnadenlos zerschlagen werden, oligopolistische Marktstrukturen müssen immer kritisch hinterfragt werden, und: staatliche Subventionierung von nicht gesellschaftspolitisch wünschenswerten Märkten muss konsequent beendet werden.

Das heißt aber nicht, dass der Staat in einem gesellschaftlichen Wettbewerbsmodell keine Funktion hätte. Im Gegenteil. Auch der immer wieder von der Linken vorgetragene Vorwurf eines „Nachtwächter-Staats“ ist falsch. Wettbewerb braucht Rahmenbedingungen. Und nicht alle gesellschaftlich notwendigen und wünschenswerten Wertschöpfungen können unter Wettbewerbsbedingungen erbracht werden. Es existieren Bedingungen, die Marktversagen hervorrufen, weil nur ein Nachfrager auftritt, z.B. in der äußeren Sicherheit. Oder es finden Märkte statt, die negative Auswirkungen haben, z.B. bei Drogen oder Spielen.

Dort, und nur dort, wo Wettbewerbsmärkte gegen die Grenzen unseres Wertekanons verstoßen, oder wo ein gesundes Marktgeschehen aufgrund struktureller Bedingungen (noch) nicht existieren kann, muss der Staat als Wertesetzende Institution Regeln erlassen und diese aktiv überwachen. Die damit einhergehende Verantwortung des Allgemeinen (=der Staat) für das Allgemeine(=die Gesellschaft) und das Individuum(=der Bürger) im Besonderen ist hoch – konsequent angewendet führt dieses Prinzip zu mehr Verantwortung in den Kontrollgremien als bisher – anstelle von Subvention und Geldverteilung tritt Kontrolle und Geldeinsammlung.

Den Bediensteten des Allgemeinwesens muss Ihre Position als Vertreter der Vielen klar gemacht werden – unter anderem muss ihre Unabhängigkeit durch adäquate Bezahlung gewährleistet sein – allerdings müssen auch innerhalb der Verwaltungsstrukturen des Allgemeinen Kontrollinstrumente etabliert werden und gegen ineffiziente und/oder gegen das Allgemeinwohl agierende Beschäftigte des Öffentlichen harte Sanktionen etabliert sein. Das Beamtentum muss auf ein Mindestmaß reduziert oder ggf. komplett abgeschafft werden.

Subventionen sind immer dann gerechtfertigt, wenn sie neue Wettbewerbsmärkte schaffen helfen, z.B. bei der Entwicklung neuer Technologien, deren Bedeutung volkswirtschaftlich hoch ist, z.B. in der Energiebranche. Einfache Technologien sollten nicht staatlich gefördert werden. Staatliche Wirtschaftspolitik muss sich auf gesellschaftlich relevante Märkte beschränken und sich vom Gießkannenprinzip und dem „es-jedem-recht-machen“ verabschieden.

Der Staat darf nicht als Unternehmer auf Wettbewerbsmärkten auftreten. Es ist nicht hinnehmbar, dass steuerlich subventionierte Betriebe den Wettbewerb verzerren und letztendlich entweder in staatlichen Monopolen oder in Marktversagen enden.

Markt braucht also Regeln. Deshalb sollten wir auch von einer „regulierten Marktwirtschaft“ sprechen, oder aber mit besserem Terminus von einer ethischen – oder verantwortungsvollen Marktwirtschaft.

Endlich Mut zeigen: Hauptschulen abschaffen!

Es ist schon ein leidiges Thema: Seit mittlerweile über fünf Jahren poste ich in Foren und Blogs unentwegt dasselbe: Die Reform der deutschen Schule darf nicht länger aufgeschoben werden. Und immer wieder passiert dasselbe – es grummelt in der Partei, es grummelt in der Fraktion – alle lesen’s aber keiner glaubt’s. Und es passiert – nichts.

Da half kein Pisa, da half keine OECD-Studie – da wird auch jetzt der Munoz-Bericht (der HIER zum Download bereit steht) nicht helfen. Es ist ein Trauerspiel.

Gestandene Bildungspolitiker bekommen ein ums andere Mal was auf die Ohren – und frei nach dem Vogel Strauß-Prinzip – hören und sehen sie nichts. Alles sei bestens, sagt sogar Patrick Meinhardt, ein mir durchaus freundlich gesinnter Parteifreund, der bildungspolitische Sprecher der Bundestagsfraktion. Von den CDU-Schavans ganz zu schweigen.

Wenn denn alles bestens ist, liebe Freunde, warum bekommen wir für unser antiquiertes System immer wieder von verschiedenen Institutionen Schelte ohne Ende? Wenn denn alles bestens ist, warum produzieren wir zu wenige Abiturienten im internationalen Vergleich? Warum haben wir die HÄLFTE der Studierendenquoten anderer europäischer Länder? Warum verlieren wir an Einkommen, an Lebensstandard, an Qualität, an Perspektiven?

Es ist eben nichts in Ordnung im deutschen Bildungssystem. Ich meine da etwas Erfahrung zu haben – schließlich habe ich hautnah das finnische und das deutsche System erlebt. Meine Mutter lehrte(!) in beiden(!) Systemen – jeweils(!) staatlich und privat. Sie hat bis heute niemand gefragt. Wir haben die Experten, auch in den Parteien – wir haben auch das nötige Wissen. Wir veranstalten schicke Bildungsreisen nach Helsinki und bekommen dort ein paar Vorzeigeschulen vorgeführt – und tun … nichts.

Und kommen sie mir jetzt nicht mit den tollen Lehrplan-Reformen aus dem Bildungsministerium. Die können sie getrost im Müll entsorgen, denn die Lehrkräfte an den Schulen wissen nicht einmal, wie sie die ministerielle Bildungsprosa umsetzen sollen.

Derweil vergeuden wir schon die zweite Generation unserer Kinder in einem ungerechten System, das für mindestens ein Drittel seiner Absolventen keinerlei Perspektive für eine bessere Zukunft bietet. Wir stecken die bildungsschwachen, die sozialschwachen und die sprachschwachen Schüler zusammen, wobei da ja durchaus Schnittmengen existieren, aber die Schwächen bei den einzelnen bei weitem nicht deckungsgleich sind. Und dann wundern wir uns über Schichtprobleme. Mich wundert das nicht.

Ich meine, dass das bloße Abschaffen von Gliederungen im Schulwesen keine Lösung sein kann, da hat Patrick Meinhardt recht. Aber: Die Pädagogik hat in den letzten 30 (!) Jahren Konzepte entwickelt, die unserem System haushoch überlegen sind. Dazu gehören:

  1. Die persönliche Lern-Lebenslaufplanung eines jeden einzelnen Schülers
  2. Die individuelle Betreuung eines jeden einzelnen Schülers
  3. Eine konsequente Vereinfachung und Straffung der Lehrpläne
  4. Mehr Praxisbezug im Unterricht, vor allem in den Naturwissenschaften
  5. Das Zusammenbringen von lernstarken mit lernschwachen Schülern zum Ausgleich in der Klassengemeinschaft.
  6. Ganztagesbetreuung
  7. Ein gemeinsamer Bildungsabschluss als Ergebnis, nach dem Abitur für jeden (!) möglich wird.
  8. Der konsequente Einsatz von geschulten Sozial- und(!) Gesundheitspersonal AN JEDER SCHULE zur Prävention und Konflikt-Früherkennung.

Die moderne Schule nach skandinavischer Prägung ist etwas VÖLLIG ANDERES als die jetzige deutsche Grundschule. Meine Tochter macht das als Viertklässlerin gerade mit. Die skandinavische Schule ist ein SOZIALER LEBENSRAUM, in dem gelebt, gegessen, gefühlt, gelernt, gejubelt und geweint wird. Es ist ein bißchen wie ein zweites Zuhause.

Nur damit hier kein falscher Eindruck entsteht: Das ist beileibe kein falsch verstandenes rot-grünes Wohlfühl-Ambiente – in einem guten Zuhause bekommt man seine Grenzen deutlich gezeigt. Aus meiner Erfahrung sind die finnischen Schulen um einiges strenger und wert-konservativer als die deutschen – Fahnenappelle, Nationahymnensingen und morgendliche religiöse Andachten sind dort gängige Praxis. Nun, offensichtlich schaden sie nicht. Dennoch habe ich sie gehasst, diese Rituale, aber sie bringen Ordnung und Struktur in das Schulleben und vermitteln zumindest ein klares Werteverständnis.

Wir müssen die deutsche Schule schlicht neu gründen. Nicht die alte reformieren, ich glaube das geht angesichts der eingefahrenen Strukturen gar nicht mehr. Darum müssen wir richtig(!) Geld in die Hand nehmen und endlich handeln – zwei verlorene Generationen sind wahrlich genug!

Zum gegenwärtigen Zeitpunkt haben wir die Lehrer nicht, die Gebäude nicht, die Mensen nicht, die Sozialarbeiter nicht, das Gesundheitspersonal nicht, die Schulbücher nicht, die Lehrpläne nicht UND: Die Einstellung für eine moderne Schule nicht.

Die Skandinavier und die anderen progressiven Länder haben bis zu 30 Jahre Vorsprung – den holen wir nicht mehr ein. Aber dennoch ist es zum Anfangen nie zu spät. Schade nur, dass es wieder einmal nur grummelt. Und nix passiert.

Dabei könnte eine weltoffene, progressive und zukunftsorientierte FDP hier durchaus eine Vorreiterrolle übernehmen.

Handeln ist die Seele der Welt

Ha, er muß in was Besserm stecken, der Reiz des Lebens: denn ein Ball anderer zu sein, ist ein trauriger, niederdrückender Gedanke, eine ewige Sklaverei, … Das lernen wir hieraus, daß handeln, handeln die Seele der Welt sei, nicht genießen, nicht empfinden, nicht spitzfündeln, daß wir dadurch allein Gott ähnlich werden, der unaufhörlich handelt und unaufhörlich an seinen Werken sich ergötzt: das lernen wir daraus, daß die in uns handelnde Kraft unser Geist, unser höchstes Anteil sei…

(Jakob Michael Reinhold Lenz)