1.2 Der Untertanenstaat

Alexander der Große, Schüler des Aristoteles, makedonischer König und Tyrann beendete mit seinen Armeen die Zeit der Poleis und begründete das erste uns schriftlich gut überlieferte Großreich. In nur 10 Jahren eroberte er halb Asien, vernichtete das alte Perserreich, gründete zahllose griechische Städte (Kolonien) von Ägypten bis an die indische Grenze. An die Stelle der gebildeten Oberschicht und deren Herrschaft trat die Anbetung eines gottgleichen Herrschers, der mit Feuer und Schwert politische Einheit schmiedete anstatt in Versammlungen über Gerechtigkeit zu debattieren.

Wie so oft  nach dem Tode eines Tyrannen, gelang es den Nachfolgern Alexanders nicht, die Einheit seines Reiches zu erhalten – es schwächte sich zunehmend und zerfiel letztendlich um von der nächsten Großmacht, den Römern, überrannt zu werden.

Über die Philosophie der Römer werden wir uns später noch unterhalten – an dieser Stelle sei die Anmerkung genug, dass im Zuge der Militarisierung des Staates auf gedanklicher Ebene eine Art Gleichgültigkeit oder Resignation eintrat – Die Philosophen zogen sich auf die individuelle Glückssuche zurück – Kyniker, Skeptiker und Stoiker lehrten jeweils in ihren Schulen. Das politische Denken verkümmerte – Askese, Selbstfindung, das rechte Leben standen im Vordergrund der Denker.

Die Griechen beeinflussten das römische Reich dennoch über zwei Jahrhunderte hinweg. Unter der Jugend Roms war es zeitweilig Mode, griechisch zu lernen. Die Stoa beeinflusste römische Denker und begründete von Syrern und Römern getragen den Determinismus. Alles war Vorsehung, auch der schreckliche Herrscher. Dieses Denken ebnete den Weg in den Untertanenstaat

Ursprünglich war Rom ein Stadtstaat unter etruskischer Königsherrschaft. Ab ca. 475 v. Chr. wandelte sich Rom in die res publica, die Römische Republik, ähnlich der Polis, mit einer Gemischten Verfassung aus Demokratie und Aristokratie. Das oberste Amt im Staat übten zwei jährliche Konsuln aus, welche die oberste Regierungsgewalt hatten. Die römische Adelsversammlung, der Senat, spielte eine bedeutende Rolle.

Rom war eine Ständegesellschaft: An der Spitze standen die alten Familien Roms, die Land besitzenden Patrizier, die politisch am einflussreichsten waren. Den größten Teil der Bevölkerung machten aber die Plebejer aus, die nur teilweise politische Rechte hatten. Sklaven wurden nicht als autonom handelnde Menschen, sondern als „sprechende Werkzeuge“ betrachtet, hatten also keine Rechte, konnten aber die Freiheit erlangen.

Durch die militärischen Eroberungen wurden jedoch neue Besitzverhältnisse geschaffen, die das Gleichgewicht in Frage stellten. Letztendlich wuchs Rom nach außen und verkrachte sich nach innen – es gab Eroberungskriege und Bürgerkriege im Innern. Diese Kriege waren teuer – schließlich wurden sie von Söldnerheeren begangen – und so verlagerte sich das Staatswesen mehr und mehr in die Geldwirtschaft – eine neue, reiche Soldatenkaste entstand.

Nach dem Sieg über Karthago geriet die Republik seit der Mitte des 2. Jahrhunderts v. Chr. in eine innenpolitische Krise, die schließlich in die Epoche der Bürgerkriege mündete und mit dem Untergang der bisherigen Staatsform enden sollte.

Es folgte die Diktatur Sullas, bald darauf das erste Triumvirat der Gaius Iulius Caesar, Gnaeus Pompeius Magnus und Marcus Licinius Crassus, welche eine Art Aristokratie darstellten. Im Jahre 46 v. Chr. hatte sich Caesar dann zum Diktator auf 10 Jahre ernennen lassen.

Nach seinem letzten militärischen Erfolg wurde er zum dictator perpetuus (Diktator auf Lebenszeit), ernannt. Um die Einführung der Diktatur zu verhindern, wurde Caesar 44 v. Chr. von etwa 60 Verschwörern um Marcus Iunius Brutus und Gaius Cassius Longinus während einer Senatssitzung erstochen.

Dem Tod Caesars folgten weitere innere Wirren und Bürgerkriege, die bis zum Jahr 31 v. Chr. dauern sollten. Erst 27 v. Chr. mit der Ernennung des Octavian zum Augustus und der Einführung der Diktatur endete der Bürgerkrieg. Rom war 70 Jahre lang de facto von den Legionsführern beherrscht worden und wurde nun vom „princeps senatus“ geführt. Letztlich war das Prinzipat eine verschleierte Monarchie: Augustus verzichtete auf die absolute Macht, ließ vielmehr den Senatsadel daran teilhaben, behielt aber gleichzeitig alle wichtigen Funktionen in seiner Hand.

Im Vergleich zum vorangegangenen Jahrhundert und zur Herrschaft vieler Nachfolger des ersten Kaisers brachte die augusteische Ära – das Saeculum Augustum – Rom eine lange währende Zeit von innerem Frieden, Stabilität, Sicherheit und Wohlstand. Dies war der Grund, warum die Menschen sich letztlich mit der Einführung der Monarchie und dem Ende der Republik abfanden, zumal der Versuch einer Rückkehr zur republikanischen Ordnung wohl zu einem neuen Bürgerkrieg geführt hätte.

Der Untertanenstaat war geboren.

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