Tote Köpfe

So viele lächelnde Gesichter sieht man in Stuttgart selten – von jedem Pfosten lächeln sie mal fesch, mal weise, auf das Wahlvolk herab. Ja, herab – denn in Zeiten der Radikalisierung hängt man die Plakate besser ganz weit nach oben. Doch auch dort scheinen sie nicht vor Farbbeuteln sicher.

Da sieht man dann Namen und Köpfe an einem vorbeifliegen – Namen, die man nicht kennt und so manchen Kopf, den man gar nicht sehen will – geschweige denn wählen wird.

Ich als Stuttgarter Bürger will jedoch wissen, wer wie zu Stuttgart21 steht, ich will wissen, wer, wie wann welches Stadion bauen will. Ich will wissen, wer die steigende Jugendgewalt in der City bekämpft und wer etwas gegen den Verfall unserer Schulen tut.

Nichts davon erfahre ich auf den Plakaten. Eine Internet-Adresse sucht man auf den meisten vergeblich. Das ist kein Wahl-Kampf – das ist ein Ego-Kampf! Ich, ich, mich, mir, meins! Das ist alles, was von den Plakaten schallt. Pfui.

Nein! sage ich dazu. Euch wähle ich erst recht nicht. Meine Stimme als Ego-Beförderer wird es nicht geben. Und je öfter ich eure blöden Titel lese, desto weniger werde ich es tun. „Lust auf Stadt?“. Mit euch? Nein, danke.

Also, liebe Kommunal-Parteien, lasst euch mal was einfallen. Etwas Witziges, Intelligentes – klar in der Sache und präzise in der Aussage. Einfach genug, für alle verständlich. Inhalte müssen her! Inhalte, die uns als Bürger jeden Tag direkt betreffen.

Ansonsten kumuliere ich meine Stimmen gen Null und panaschiere euch allesamt ins Nichtwählerreich.

Die Parteien verpassen die großartige Chance, ihre lokale Botschaft im Straßenbild zu platzieren. Da wundert mich die allgemeine Politik(er)verdrossenheit nicht.

Zu viele tote Köpfe hängen derzeit von den Pfosten herab – lebendige Demokratie sieht anders aus. Und gute Kommunalpolitik auch.

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