Novembertage

Nur noch im Tod kann ich glücklich sein

Ich habe die Welt verlassen

Nur noch im Licht kann ich weiter gehn

Wenn Bilder alternd verblassen

Nur noch im Nichts kann ich auferstehn

Zu jedem alltäglichen Mühen

Nur noch im Geist kann ich Sinn ersehn

Und spüren gedankliches Blühen

Nur noch im Tod kann ich glücklich sein

Der Erde werd’ ich gehören

Nur noch im Jetzt kann ich wiedergeben

Worte, die Sie gerade berühren

Nur noch im Ich kann ich Mittler sein

Zwischen den beiden Welten

Nur noch im Sein kann ich weiter leben

Etwas bei anderen gelten

Nur noch im Tod kann ich glücklich sein

Ich habe die Menschen verlassen

Nur noch im Wort kann ich Wahrheit geben

Auch wenn viele sie hassen

Nur noch im Text kann ich wirklich leben

Lehren die Seelen der Massen

Nur noch im Tod kann ich glücklich sein

Ich habe mich selbst verlassen.

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Stuttgart, im November 2009. Eine Ver-Dichtung zur Endlichkeit der Dinge. Trübe und traurig wie der November eben ist. Ist es nicht das paradoxe Bild des vor Freude im Wind tanzenden Herbstblattes, welches gerade erst den leisen Tod in der ersten Frostnacht des Herbstes gestorben ist? Ich fühle mich wie fallendes Laub, benutzt, weggeworfen, abgestoßen, zertrampelt, leer, deplatziert. Ich tanze, nahezu willenlos, im Wind der Gesellschaft dahin. Gleichzeitig aber ist im Fallen des Blattes die Knospe des nächsten enthüllt worden; jedem Ende wohnt so, und sei es nach einer langen Kälte, ein Anfang inne. Auf einer metaphysischen Ebene scheine ich mich mit den Realitäten dieses Lebens abgefunden zu haben, bereit aufzugeben, in Neues zu schreiten. Mit dem Wunsch nach ewigem Leben als literarischer Schöpfer. „Bücher und Menschen kann man verbrennen, Gedanken nicht“, hieß es heute im Fernsehen. Wie wahr.

*bearbeitet am 11.11.09

1 Anmerkung zu “Novembertage

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