Nicht das Was, sondern das Wie

In den letzten Wochen häufen sich die seltsamen kommunikativen Pannen in der deutschen Politik. Sei es bei der Hotelsteuer, dem Afghanistan-Bombardement, der Steuer-Reform oder dem Ankauf von Daten-CDs: Immer wieder wird in allerhöchsten Polit-Kreisen gemurkst – ohne Konzeption oder Blick fürs Ganze. Dabei sind die meisten Entscheidungen in der Sache richtig. Allein die Art und Weise ihres Zustandekommens zeugt nicht gerade von medialer Kompetenz.

Nehmen wir doch mal das Beispiel Mehrwertsteuersenkung für Hotels. In der Sache ist das völlig richtig – schließlich haben 20 von 27 EU-Ländern einen ermäßigten Satz auf Übernachtungen. Aber: Anstatt gleich alle Kosten der Hotellerie auf 7% MwSt. zu senken, murkst man an einer unsinnigen Unterscheidung zwischen Übernachtung und Frühstück – mit der absurden Folge, dass Millionen Arbeitsstunden in Zukunft darauf verwendet werden müssen, diese Kosten buchhalterisch auseinander zu dividieren. Man schafft unnötige Bürokratie und verkompliziert Dinge, anstatt den Mut zu haben, mit großem Federstrich klare Sache zu machen. Also:

Punkt eins zum nicht das Was, sondern das Wie: Überprüfe immer Deine Gesetze auf Bürokratiekosten, bevor Du sie verabschiedest. Scheue Dich nicht vor dem Großen, um das Kleine möglich zu machen.

Nächstes Beispiel Kundus: In der Sache völlig richtig, verteidigt die Bundeswehr mit militärischen Mitteln die eigenen Truppen und bekämpft feindliche Benzindiebe. Doch anstatt die Sachverhalte offen und ehrlich zu kommunizieren, wird gemauschelt, vernebelt und gelogen. Anstatt offen zum Kriegseinsatz zu stehen, vermurkst man seine Glaubwürdigkeit in immer neuen Mauscheleien, Verantwortungsschiebereien und Geheimberichten. Im Krieg sterben Menschen, auch Unschuldige. (O-Ton des Trägers des diesjährigen Friedens-Nobelpreisträgers). Will man das nicht akzeptieren, darf man auch keine Truppen entsenden.

Punkt zwei zum nicht das Was, sondern das Wie: Wenn Du militärische oder humanitäre Einsätze beschließt, dann stehe auch zu den Folgen. Egal wie bitter sie auch sein mögen.

Oder aber die Gesundheitsreform: Ohne Not manövriert sich der noch unerfahrene Minister in eine politische Sackgasse. In der Sache völlig richtig – nämlich die Gerechtigkeitskomponente der Krankenversicherung in die Steuerfinanzierung zu verlagern – und somit auch das produktive Kapital endlich an der Gesundheitsversorgung zu beteiligen, versteift er sich auf eine Systemfrage auf der Einnahmeseite – ohne jemals etwas an der Verschwendung auf der Ausgabenseite geändert zu haben. Das Fell wird verteilt, bevor der Bär erlegt ist.

Punkt drei zu nicht das Was, sondern das Wie: Prüfe erst das Bestehende auf schnelle, effektive Korrekturen, und handele zügig, bevor Du die Systemfrage stellst.

Oder die Außenpolitik: In der Sache völlig richtig, Friedenspolitik und Abrüstung zu betreiben, wird der Außenminister auf seine Person reduziert. Anstelle die Politik zu beurteilen, wird der Minister beurteilt. Als kompetenter Wirtschaftspolitiker in fremdem Feld sollte man den, in der Sache wiederum völlig richtigen, Strategiewandel der internationalen Gemeinschaft in Afghanistan nicht nur mit dem Scheckbuch verkaufen.

Punkt vier zum nicht das Was, sondern das Wie: Nutze Deine Kernkompetenzen im eigenen Fachgebiet und in fremden überlasse die Strategieerklärungen den Fachleuten. Bleibe ehrlich was Deine Person betrifft. Und: „sapere aude“, sagt Kant. Wage Neues.

Oder aber die Spendenpolitik in der FDP: Die Partei hat wirklich nichts falsch gemacht bei der Annahme von Spenden aus der Industrie. In der Sache ist das völlig richtig, schließlich brauchen die Parteien Spenden, um überhaupt ordentlich funktionieren zu können. Und dennoch hat sie es zugelassen, dass aus einer legitimen Spendenannahme ein Image-Fiasko entsteht.

Punkt fünf im nicht das Was, sondern das Wie: Erkläre Deinen Stakeholdern offen, woher Dein Geld kommt und wohin es geht. Stelle niemals Lobbyisten ein. Halte Dich fern von dubiosen Quellen. Und, verdammt noch mal, treffe auch mal Entscheidungen zugunsten der Allgemeinheit gegen Deine eigenen Klientelgruppen. Das macht Dich glaubwürdig.

Oder aber Thema Steuer-Daten-CDs: Da verfolgt, in der Sache völlig richtig, die Regierung kriminelle Steuerhinterzieher. Aber, wie tut sie es: indem sie sich selbst illegal beschaffter, also gestohlener Daten bedient.

Punkt sechs im nicht das Was, sondern das Wie: Werde niemals selbst kriminell, um Kriminelle zu verfolgen. Damit stellst Du Dich auf dieselbe Stufe mit denjenigen, die Du verfolgen willst. Das macht Dich moralisch unglaubwürdig.

Oder aber die Steuer-Strukturreform: Da wird, in der Sache völlig richtig, die Vereinfachung des Steuersystems gefordert. Anstelle das zu kommunizieren, beharrt man auf einer Steuer-Senkung, ohne den Menschen die Vereinfachung zu erklären. Pragmatisch gedacht: macht doch erst die Vereinfachung, anschließend dann die Senkung. Kommuniziert erst die Einsparungen und erklärt dann die Einnahmenminderungen. Wenn die Menschen erstmal konkrete Ergebnisse sehen, werden sie auch den Rest eher glauben.

Und so weiter, und so weiter, und so weiter. Es ist vieles richtig gemacht worden, in den letzten Wochen. Aber es ist genauso vieles auf die falsche Weise gemacht worden in den letzten Wochen. Wenn diese Bundesregierung glaubwürdig und populär werden will, muss sie konsequent neue Regeln einführen, wie sie mit der Kommunikation ihrer politischen Vorhaben umgehen will.

Die Menschen haben nicht die Ergebnisse der Politik satt. Sie haben das politische Theater um die Ergebnisse satt. Politikverdrossenheit entsteht durch permanente Ankündigungen ohne greifbare Resultate. (Das nenne ich das „Obama-Syndrom“, dazu aber später mehr). Kennzeichnend für unsere Zeit ist der rasend schnelle Umschwung der öffentlichen Meinung zugunsten der Handelnden oder derjenigen, die am lautesten Handeln einfordern. Das gilt für alle westlichen Länder.

Viele meiner Landsleute halten diese Bundesregierung für schlecht. Diese Einschätzung teile ich nicht. Im Gegenteil: Was haben denn Rot-Grün oder Rot-Schwarz für Murks fabriziert? Gesetze, die reihenweise verfassungswidrig sind! Was ist das für eine Sozialdemokratie, die den ärmsten der Armen „willkürliche“ (Originalton Bundesverfassungsgericht) Zuwendungen zur Existenzsicherung verordnet?

Just diejenigen im politischen Spektrum, die sich angeblich für die Benachteiligten in der Gesellschaft einsetzen, haben die Menschen betrogen, ja sie in ihrer Würde verletzt, mit der „Basta“-Politik Reformen durchgedrückt, die keiner rechtlichen Prüfung standhalten. Millionen Betroffener leiden, vor allem Hartz4-Kinder, deren Bildungskosten dem Staat keinen Cent wert sind!

Schuld daran sind die SPD und die Grünen, die diesen Politikschrott fabriziert haben. Es kann nicht sein, dass man die Verfassung ignoriert, Konstrukte in die Welt setzt, die unserem Staatsverständnis zuwiderlaufen (Jobcenter von Rot/Grün, verfassungswidrig) oder Zensur zum Inhalt haben (Zugangserschwerungsgesetz, genannt auch „Zensursula“, von Rot-Schwarz, höchstwahrscheinlich verfassungswidrig). Man muss schon mit dem Kopf schütteln, wenn man überlegt was für einen riesigen Apparat sich dieser Staat zum Erarbeiten seiner Gesetze und Verordnungen leistet. Kann man dort das Grundgesetz nicht lesen?

Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht. (Art. 1 (3) GG)

Bitte, liebe Bundesregierung. Macht ganz schnell allen Bürgern klar, wer den Hartz4-Mist verbrochen hat. Benennt offen die Schuldigen! Ihr habt jetzt eine riesige Chance, schnell zu punkten, wenn ihr zügig und ohne unnötiges Gezerre über euren Schatten springt und endlich mal eine klare, einfache Regelung zum Existenzminimum und für die armen Kinder dieses reichen Landes trefft. Und macht bitte nicht wieder irgendein bürokratisches Monstrum daraus, denn letztendlich wird wieder das Wie genauso bewertet werden wie das Was!

Wir brauchen wieder, mit Abraham Lincolns Worten, eine Regierung des Volkes durch das Volk für das Volk. Gesetze und Regeln müssen für alle verständlich und für jedermann nachvollziehbar sein. Das nenne ich „politics of common sense“. Also eine Politik des gesunden Menschenverstandes anstelle technokratischer Ministerial-Juristerei.

Darum ende ich heute mit dem

Punkt sieben im nicht das Was, sondern das Wie: Prüfe Deine Sprache und Deine Kommunikation immer auf Klarheit und Verständlichkeit. Dann wird das „Was“ auch so wahrgenommen, wie das „Wie“ es impliziert.

Und alles wird gut. ;-)

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.