„Klar war es richtig, das Studium abzubrechen“

Wie die moderne IT-Welt funktioniert, erhellt ein Artikel in der Süddeutschen:

Er ließ die Uni hinter sich und erfand eines der bekanntesten Programme zum Bloggen – Matt Mullenweg über WordPress und das nächste große Ding im Web
jetzt.de: Vermutlich nervt dich die Frage, aber wir müssen zu Beginn über dein Alter sprechen: Du warst keine 20 Jahre alt, als du anfingst, WordPress zu entwickeln . . .
Matt Mullenweg: Das Thema Alter nervt tatsächlich, schließlich werde ich jeden Tag älter (grinst). Aber es stimmt, es war nicht ganz einfach am Anfang. Ich habe für den Erfolg einfach doppelt so hart gearbeitet. Das ist das einzige was zählt, wenn man etwas im Netz aufbauen will.

jetzt.de: Das ist dir gelungen. Du hast eins der wichtigsten Programme für Blogs im Internet entwickelt und dafür sogar dein Studium abgebrochen – die richtige Entscheidung?
Matt: Klar. Obwohl ich manchmal die Freiheit des akademischen Betriebs vermisse. Wenn ich heute was lese, fehlt mir meist die Zeit und das Umfeld, dies – wie an der Uni – ausführlich zu diskutieren und in Ruhe drüber nachzudenken.

jetzt.de: Wie haben deine Freunde reagiert als du ihnen erzählt hast, dass Du das Studium schmeißt?
Matt: Ich glaube nicht, dass sie sonderlich überrascht waren. Als ich noch an der Uni war, habe ich die Freiheiten, die mir jetzt fehlen, nicht sonderlich geschätzt. Ich empfand die Schule und auch die Uni immer als sehr begrenzt.

jetzt.de: Du hast eine Blog-Software entwickelt. Wenn ich zum Beispiel deine Mutter fragen würde – könnte sie erklären, was du da machst?
Matt: Mittlerweile vermutlich schon. Als ich mit dem Programmieren anfing, hat sie wahrscheinlich nicht alles verstanden. Aber heute sind Blogs so populär, dass selbst meine Mutter eines betreibt – natürlich mit WordPress.

jetzt.de: Und könnte deine Mutter auch Open Source erklären, das Prinzip auf dem WordPress basiert?
Matt: Ich glaube schon. Die Idee hinter Open Source ist, dass viele Leute gemeinsam an der Weiterentwicklung von Software arbeiten und sie so immer besser machen wollen. Man kann das ganz gut mit den Texten auf Wikipedia vergleichen. An denen schreiben auch viele Leute gemeinsam.

jetzt.de: Aber wie kann man davon leben? Es gibt vermutlich Millionen Menschen, die WordPress benutzen ohne dafür zu zahlen. Wie verdienst du Geld?
Matt: Wir gehen aktuell davon aus, dass es 13 Millionen Blogs gibt, die mittels der WordPress-Technologie arbeiten. Geld verdiene ich mit meiner Firma Automattic, die Zusatzdienstleistungen wie die Spamsoftware Akismet anbietet. Diese Services kosten nicht viel Geld, sind für Blogger aber sehr wertvoll. Mir ging es darum, eine Firma zu gründen, deren Hauptziel es ist, Open-Source-Software zu unterstützen und so dafür zu sorgen, dass das Web ein besserer Ort wird.

jetzt.de: Was ist deine Erklärung dafür, dass 13 Millionen Blogs deine Software nutzen?
Matt: Ich glaube, der Kern liegt darin, dass wir uns bei allem, was wir tun, an den Interessen der Nutzer orientieren. Die gesamte Entwicklung der Software basiert auf Vorschlägen und Ideen der Nutzer, die jeden Tag damit arbeiten.

jetzt.de: Unter diesen Millionen von Blogs ist doch bestimmt auch jede Menge Mist, oder? Was findest du an Blogs immer noch so faszinierend?
Matt: Sie sind eine hervorragende Art, sich selber im Netz auszudrücken. Blogs sind das Gegenteil von einer Profilseite auf Facebook. Sie sind die perfekte Kombination von wirklichem Inhalt und einer Selbstinszenierung im Netz.

jetzt.de: Das Time-Magazine zählt dich zu den 50 wichtigsten Menschen im Web. Deshalb bitte ich dich um eine Prognose: Was wird das nächste große Ding im Internet?
Matt: Ganz klar: location-aware Services. Das sind Anwendungen, die darauf basieren, dass sie wissen, wo der Nutzer sich gerade aufhält.

jetzt.de: Und was müsste sich am Internernet noch ganz dringend ändern?
Matt: Ich glaube die allermeisten Angebote und Websites – auch WordPress – sind noch viel zu kompliziert. Das müsste einfacher werden. Außerdem finde ich, dass viele Leute sich im Netz anders verhalten als im echten Leben. Sie sind viel hastiger als in Gesprächen von Angesicht zu Angesicht.

jetzt.de: Was sind deine Pläne für die kommenden Jahre?
Matt: Die Arbeit im Web mit großartigen Leuten macht mir sehr viel Spaß. Und genau darum geht es bei Automattic. Deshalb werde ich das weiter machen. Auch, weil es mir genügend Zeit lässt für meine Hobbys Musik und Fotografie.

Matt Mullenweg betreibt ein privates Weblog unter http://ma.tt

http://jetzt.sueddeutsche.de/texte/anzeigen/47682

Eine Realität, die meilenweit entfernt ist von so manchem blöden Wahlkampfgetöse in Deutschland.

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