„Libertatem quam peperere maiores digne studeat servare posteritas“
Das, verehrte Leser, ist der Wahlspruch der Freien und Hansestadt Hamburg. Ich wollte diesen Artikel ursprünglich „die demokratische Volksrepublik Hamburg wählt neuen Zentralrat“ nennen. Aber die Alten machten das viel besser. Und heute drehen sich die Ur-Hanseaten im Grabe herum. Wo nur ist der Drang zur Freiheit an der Alster geblieben?
Es ist ein Jammer, wie der organisierte Liberalismus in der liberalsten Stadt Deutschlands vor die Hunde gekommen ist. Zugegeben, wir haben etwas dazu gewonnen. Und zugegeben, wir sind jämmerliche 1600 Stimmen von der Bürgerschaft entfernt gelandet. Die hätte man sich vom Rechtspopulisten Kusch holen können. Oder von der DVU. Oder von den Grauen. Oder den Piraten, oder der Partei, oder, oder, oder.
Die FDP in Hamburg ist natürlich zu einem Großteil selbst schuld an der Misere. Erst jahrelang durch Querelen und Rücktritte auf sich negativ aufmerksam machen, dann einen Kandidaten aufstellen, der höchstens zur Leitfigur der liberalen Renterbewegung taugt – So, meine Herrn, gewinnt man Wahlen nicht.
Dabei hat gerade Hamburg enormes liberales Potenzial. Die Stadt steht geradezu für alle Werte, die die FDP verkörpert – Freihandel, „leben und leben lassen“, Multikulturalität, Weltoffenheit, Fortschritt, Freie Presse und Wohlstand.
Die FDP in Hamburg muss sich personell erneuern und den Liberalismus in der Hansestadt mit modernen Konzepten in einfacher, verständlicher Sprache den Bürgern nahe bringen. Wir müssen wieder Salonfähig werden an der Blankenese, am Rothenbaum und in Rissen. Wir müssen Themen setzen, die Mehrheitsfähig sind. Raucher hin oder her – mit Minderheiten-Themen ist es schwer, Wahlen zu gewinnen.
Zur Geschichte der FDP in Hamburg habe ich folgendes gefunden:
http://fdp-hh.de/Geschichte/tabid/74/language/de-DE/Default.aspx
Dort finden Sie zum 60jährigen Jubiläum eine nette Festschrift, in der die historischen Grundlagen der Hamburger FDP dargelegt werden – und leider auch deren Niedergang.
http://fdp-hh.de/Portals/LV/Docs/Misc/FDP_HH_Festschrift_60.pdf
Die Wahlergebnisse der FDP Hamburg im Zeitverlauf:
Wahlen zur Hamburgischen Bürgerschaft seit 1945 | ||
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Wahltermin | Wahlbeteiligung | FDP |
13. Oktober 1946 | 79,0% | 18,2% |
16. Oktober 1949 | 70,5% | 34,5% (VBH) |
1. November 1953 | 81,0% | 50,0% (Hamburg-Block) |
10. November 1957 | 77,3% | 8,6% |
12. November 1961 | 72,3% | 9,6% |
27. März 1966 | 69,8% | 6,8% |
22. März 1970 | 73,4% | 7,1% |
3. März 1974 | 80,4% | 10,9% |
4. Juni 1978 | 76,6% | 4,8% |
6. Juni 1982 | 77,8% | 4,9% |
19. Dezember 1982 | 84,0% | 2,6% |
9. November 1986 | 77,8% | 4,8% |
17. Mai 1987 | 79,5% | 6,5% |
2. Juni 1991 | 66,1% | 5,4% |
19. September 1993 | 69,6% | 4,2% |
21. September 1997 | 68,7% | 3,5% |
23. September 2001 | 71,0% | 5,1% |
29. Februar 2004 | 68,7% | 2,8% |
24. Februar 2008 | 62,2% | 4,7% |
http://de.wikipedia.org/wiki/Politik_in_Hamburg
Man beachte die Wende 1982. In Hamburg zieht der reine Wirtschafts-Liberalismus á la Westerwelle eben nicht. Die Hamburger erwarten von einer Liberalen Partei wesentlich tiefgehendere, ja radikalere, Positionen zugunsten der Bürgerrechte.
Aber darin liegt auch eine Chance. Ein Chance nämlich, verlorenes Land durch konsequente Modernisierung zurück zu gewinnen. Wir müssen es schaffen, die Grünen überflüssig zu machen, indem wir konsequente technikfreundliche Umweltschutzpolitik betreiben. Wir müssen es schaffen, wieder Sozialstaat und Freiheitsdenken zueinander zu bringen.
Das ist der Auftrag an die FDP in Hamburg. Der freien und Hansestadt.
(Der Autor lebte 1995-1996 zeitweilig in Hamburg-Wandsbek und hat Familie in der Region)