Am Ende zählt nur die Liebe

Transkript vom Audio DR0000_1516.mp3

Guten Abend, liebes Tagebuch oder besser gesagt Nächte-Buch. 23:47 am 6.8.22. Markus gibt mal ein bisschen Zwischenbericht, was gerade passiert. Naja, ich habe jetzt die Zusage, dass ich auf die Akut Liste in meiner nächsten Reha-Klinik komme. Hoffentlich. Da wird ein telefonischer Kontakt stattfinden nächste Woche. Und das heißt für mich, dass ich so gut wie auf gepackten Koffern sitze hier und dass danach alle mindestens drei Monate. Meine Sucht-Beraterin meinte Markus, stell dich eher auf sechs Monate ein. Dass Therapie dann auch stattfinden wird. Ich hoffe es so arg. Das ist im Moment mein einziger Strohhalm, nach dem ich greife, weil ich ertrinke in meinen düsteren Gedanken, die sich im Kopf kausal immer und immer wieder finden. Das ist schade, aber das ist ein Teil des Genesung und Heilungsprozesses, dass man diese Dinge auch durchmacht.

Und irgendwo ganz weit drin im Hinterkopf lockt auch immer der Tod um die Ecke. Der winkt immer so schön: Markus. Der verführt mich. Markus, komm doch zu mir. Bei mir ist es gut. Bei mir brauchst du diese ganzen Sachen nicht konfrontieren. Bei mir kannst du einfach Schluss machen und deine Seele ruht in Frieden. Das ist natürlich ein Trugschluss. Das ist der Teufel, der mit mir spielt. Wenn man es in christlichen Dimensionen ausdrücken möchte, ist das Böse, was ich verkleidet, in alle möglichen schöne Schönheiten und dann am Ende nur seine wahres Gesicht offenbart und das uns dann alle in den Abgrund stürzt. Eigentlich wollte ich jetzt in diesem Beitrag gar nicht so tief philosophisch gehen, sondern einfach nur mal ein Lebenszeichen senden, dass ich noch da bin und das ich noch weitermache.
Aber mir bleibt nichts anderes übrig, weil diese Gedankengänge, die ja die beschäftigen, einen auch und gerade wenn man die weltpolitische Lage anguckt, so rosig. Liebe Leute, wird das alles nicht. Glaubt mir. Wie gesagt, meine Hoffnung liegt in der Therapie und da stehe ich auch wie der Esel vorm Berg, der weiß, dass er die 300 oder 400 Liter Wein, die hinten im Kanon sind, nicht mehr den Berg hoch bekommt. Oder er hat zumindest die Ahnung und die Befürchtung, dass er nicht mehr den Berg hoch kommt und diese Last auch schleppen kann. Ich kann sie nicht mehr schleppen, ich muss loslassen. Wenn ich nicht loslassen kann, dann werde ich, um bei der Metapher zu bleiben, in der Kurve ausrutschen und das schwere Fass hinten auf meinem virtuellen Wagen wird mich in die Tiefe mitziehen unterziehen. Und das gilt es zu vermeiden. Oder was meint ihr? Ist für euch das Leben sinnvoll? Ist für dich, liebes Tagebuch, es sinnvoll, dass Markus das alles, das ihr noch macht? Wobei das Leben im Moment so ein Dejavu ist. Es ist eine ständige Wiederholung desselben. Alles was jetzt kommt, da war ich schon mal, da muss ich nicht mehr nochmal hin. Ich will etwas Neues in meinem Leben erleben und eben nicht in dieser alten Spirale von Trunkenheit und Sucht und. Wer nicht permanent im Glück, sondern eher von der Druck schlüssigen Glückseligkeit eines Rausches verbunden zu sein, das ist nicht der richtige Weg zu gehen.

Es muss einen anderen Weg geben. Und den habe ich immer die ausgetrockneten Pfade. Und wieder einmal bei dem Esel zu bleiben, die ausgetretenen Pfade trottet immer und immer dasselbe versucht und mit Einsteins Worten Es grenzt an Wahnsinn, wenn man verrückt, wenn man versucht, man ist verrückt, wenn man versucht, dasselbe zu wiederholen und erwartet ein anderes Ergebnis. Dem ist nicht so, wenn du dasselbe machst, wird immer das selbe Ergebnis dabei raus kommen und wenn das Ergebnis die eigene Vernichtung ist Fragezeichen. Da muss ein fundamentaler Wechsel der Verhaltensweisen her. Der ist partiell eingetreten, partiell nicht. Ich habe es immer noch geschafft, auf Biegen und Brechen alle Papiere zusammenzutragen und alle Termine zu wahren. Aber bitte, Leute, glaubt mir eines Es nimmt mir alle Lebenskraft, dies zu tun. Und ich weiß in diesem Moment ehrlich gesagt gar nicht, warum ich das noch mal einfach nicht gehen lasse und loslasse. Aber so einfach ist das nicht. Nach drei klinisch dokumentierten Selbstmordversuchen und einigen anderen Leben am Rande, von denen niemand was weiß. Übrigens auch du nicht, liebes Tagebuch. Du weißt auch nicht alles. Du warst vieles, aber alles noch nicht. Wo ich es ansehe Wahnsinn, wie die Leute um ihr Leben kämpfen. Das heißt, was weiß ich. Afrika in Somalia, wo sie hungern und versuchen, ihre Kinder zu retten. Und ich mir angucke, meine armen Kinder in Tansania, wie die quasi Bohnen sortieren müssen von Hand, weil sie nichts anderes haben, was sie verkaufen können.

Und wenigstens ein bisschen Brei am Abend zu haben. Ohne elektrisches Licht, ohne sanitäre Anlagen, ohne irgendwas. Und sie kleben am Leben fest. Und ich hier hab quasi alles, werde von der Gesellschaft noch unterstützt und ich schmeiße es weg. Da ist eine Diskrepanz sowohl in der Wahrnehmung des Lebens als auch in der Wahrnehmung. Also zum einen vom Input her gesehen Was strömt auf mich ein? Was ist dieses Leben, wo geht es hin? Und zum anderen Was will ich denn daraus machen? Wo ist meine Motivation, wo ist mein Antrieb? Und das ist ein fundamentaler Fehler drin, nämlich dass die Leute, die nichts haben, immer noch an ihrem Leben hängen. Und das habe ich auch wiederum in der Klinik erfahren, selbst in der geschlossenen Psychiatrie. Das sind alles nur Menschen und sie haben einen selbst Überlebenswillen. Und wenn es noch so scheiße ist und wenn deine Beine noch so offen sind und dein Hirn noch so sehr löchert vom Alkohol. Trotzdem entsteht Liebe auch in diesen Situationen und trotzdem entsteht der Lebenswille zum Überleben. Und ich habe diesen Willen eben in weiten Teilen nicht mehr. Und da frage ich mich Warum bin ich dann hier? Gib doch den Platz, den ich einnehme, jemandem, der mehr leben will als ich. Ich empfinde auch eine tiefe Ungerechtigkeit in der Welt, wo ich gerade Neuigkeiten aus Afrika erfahren habe, dass dort die Ernte einigermaßen war. Und auch in Tanzania hat es zu wenig geregnet, sodass die Leute jetzt, weil die Flüsse sehr niedrig waren, Probleme in der nächsten Trockenzeit haben werden, die ich hoffentlich dann ab Oktober, November, Dezember vielleicht nochmal miterleben darf.

Das wäre eine große Ehre für mich und es wäre absolut super, wenn das klappen könnte, dass wir hier die Therapie einigermaßen schnell durchziehen und dieses Markus dann auf dem Pfleger im Pfleger auf dem Weg nach Afrika ist, wo meine Seele hingehört. Hoffentlich. Und das wäre, das wäre der ultimative Wunschtraum, dass du mich dabei begleitest, liebe alte Seele. Dass ich immer noch spüre. Ich möchte mich entschuldigen. Ich möchte mich entschuldigen dafür, dass ich Euch. Meine lieben Freunde, meine treuen Fans und Zuhörer, dass ich nicht so viel gemacht habe die letzten Tage, wie ich eigentlich hätte machen sollen und können. Aber dieses Alltagsleben hält mich in diesem Hamsterrad gefangen, aus dem ich einfach schlecht raus kommen. Das ist so, aber es wird der Tag kommen, an dem alles sich in Wohlgefallen auflöst. Nur leider gehört zur Natur der Sache, dass das erst mal für uns alle viel schlimmer werden muss, bevor es dann endlich besser wird. Wir müssen diese Durststrecke durchhalten. Jeder an seiner Position, jeder in dem, was er macht oder jede, was sie macht. Wir alle müssen uns an unserer Stelle jetzt durchhalten. Und wir dürfen nicht aufgeben. So richtig. Ha! Ha! Nein, ich bin nicht stolz auf mich. Ich bin nicht stolz darauf, dass ich vier Mal versucht habe, mich umzubringen.

Ich bin auch nicht stolz darauf, dass ich in Suchbild abgeben muss, wo 40 Jahre Alkoholismus beschrieben wird. Auf da auch darauf bin ich nicht stolz. Nur eines, was auch klipp und klar raus kommt mit meiner Vergangenheit Ich kann nichts dafür. Ich wurde so gemacht. Es war nicht meine Wahl, sondern es war die Pressure der Group. Der Druck, der Gruppendruck von außen hat mich zu dem gemacht, was ich heute bin, in weiten Teilen. Und dieser war egoistisch und dieser war falsch. Und es hatte irgendjemand geschossen. Gerade draußen. Aha. Jetzt sind wir der Jäger unterwegs. Das meine ich. Ich bin stolz darauf, dass ich es so weit geschafft habe. Und jeder Tag ist für mich ein neues Geschenk. Oder wie ein neues Geschenk. Jeder Tag, den dieser Körper noch durchhält. Wobei ich spüre, dass er abnimmt. Und zwar spürbar. Jeder Tag ist ein Geschenk. Und ich bleibe bei meinem Motto Mache jeden Tag mit, bitte irgendjemanden glücklich. Das habe ich heute auch wieder getan. Nette Blicke, nettes Lächeln. Dabei ist es völlig egal, wo ich bin. Dabei ist es völlig egal, was ich mache, was ich tue, auf welcher Ebene ich tue. Es kommt immer nur auf das zwischenmenschliche Miteinander an, was wir miteinander pflegen oder halt auch nicht. Wir können uns bekriegen, nicht das eine frage ich mir Was ist? Was ist der Sinn des Ganzen? Es gibt keinen sinnvollen Krieg, aber es gibt sehr wohl einen sinnvollen Frieden. Es gibt keinen Grund. Grundfrage.

Aber es gibt 1000 Gründe für die Liebe. Wie lieb. Ich werde geliebt. Da bin ich safe. Das habe ich verstanden. Auch wenn die Kommunikation nicht unbedingt immer klar ist. Und auch, wenn sie nicht jeden Tag stattfindet. Aber ich weiß tief in meinem Herzen drin, dass ich liebe und geliebt werde. Und das ist das Einzige, was am Ende zählt. Da könnt ihr noch so viele Romane lesen und Geschichten lesen und Bücher lesen zu dem Thema Niemand hat eine abschließende Antwort, wie diese Dinge funktionieren. Da sind wir wissenschaftlich noch lange nicht so weit. Gerade eben auch in der Psychologie nicht. Ich werde das definitiv noch vertiefen. Und bei mir ist ja die Situation im Moment so Ich stehe vor einem kompletten Neubeginn und ich muss entscheiden, wo ich hingehen möchte. Und meine Entscheidung an der Stelle ist ein Stück weit auch gefallen, nämlich ich möchte dahin Menschen, die ähnliche Schwierigkeiten

haben wie ich, dass ich denen helfen kann, da durchzukommen. Das kann ich aber nur, wenn ich es selber schaffe, da durchzukommen und mit leuchtendem Beispiel frage. Solange so Leute, auch wenn noch so tief in der Scheiße steckt, ein Arm offen ist, und das Blut anderthalb Meter die Wand hoch spritzt. Es ist nie zu spät, um anzufangen. Darum geht es. Und wenn ich jetzt die E-Mail lese von meinem 92-jährigen Freund aus Afrika, der sich auch nur den Kopf schütteln kann über all die Umstände, die wir gerade haben. Aber so ist das. Wir können die Welt als Ganzes nicht verändern.

Aber wir können in unserem privaten Umfeld die Menschen, die uns wichtig sind, als wichtig kennzeichnen und sie auch so behandeln. Und das wenige, was wir geben, können ihnen dann auch geben. Und ich versuche nach dem Besten, was ich kann. Klammer auf. Markus gestehe Dir ein Du bist jetzt erst mal nur mal krank und muss gucken, dass du wieder gesund wirst. Dann kannst du anderen besser helfen. Klammer zu, das ist richtig. Das ist wahr. Das ist mein Anliegen. An all die Leute, Tausende. Und es nimmt kein Ende. Und diese Dinge auch dann hören. Ich wünsche euch alles Gute. Und versuche den Rest noch rüber zu retten. Ins Neue. Viel wird das nicht sein, ne? Aber ich habe immer noch mein Hirn und ich hab immer noch mich. Und ich habe immer noch das Bewusstsein dessen, dass der höhere Kraft durch mich wirkt. Und dafür bin ich extrem dankbar. Welche höhere Kraft meinst du? Markus, was willst du mir erzählen? Mit einem abgedroschenen Klischee beantworte ich diese Frage. Nur die Liebe zählt. Sonst nichts. Keine materiellen Güter, keine körperliche Zuneigung, keine Sexualität kann jemals das bieten, was echte Liebe bieten kann. Liebe ist die stärkste Kraft im Universum, die wir Menschen haben. Das ist, was ich meine, wie mein Gedicht sagt: Die Liebe ist die Kraft, die alles schafft und uns Menschen Hoffnung macht. In diesem Sinne: Gute Nacht, der Markus bei der Arbeit, sich selbst zu retten. Bis später hab euch alle lieb, Markus.


Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.