Nehmt die CSU endlich vom Netz!

Das Internet und die CSU passen offensichtlich nicht zusammen. Nachdem die CSU-Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner sich schon mehrfach unqualifiziert gegen Internet-Anbieter erbost hat (sein Fett weg bekam das grandiose Google street view genauso wie das populärste Social Network schlechthin, Facebook), will sie und ihre Partei nun auch die gerade erst verlorene Stoppschild-Debatte wieder anfangen.

Hier meine kleine, freundschaftliche Anmerkung an die CSU:

Liebe CSU. Vielleicht solltet ihr eure Website komplett abschalten. Oder das ganze Internet. Das Internet und Ihr passt einfach nicht zusammen. Für Euch ist das Netz ja das Böse schlechthin. Und Ihr seit doch die Guten, oder? In eurer heilen Welt gibt es nur gute Kirchenmänner in guten Klosterschulen, gute ehrbare Kaufleute in guten bayerischen Landesbanken und, überhaupt, ihr Christsozialen verkörpert das Reinste im Menschen schlechthin. Fremdgehen? Scheidung? Uneheliche Kinder? Bei Euch? Im Reich des Unfehlbaren? Amigos? Bestechung? Ha, das waren doch nur gute Freunde, würde ich sagen.

Nein, wirklich. Das böse, böse Internet ist nichts für christsoziale Gutmenschen. Dass die Wertschöpfung über das Netz mittlerweile größer ist, als die des ganzen Maschinenbaus in Deutschland, braucht euch nicht weiter zu interessieren. Dass die halbe Welt bei Amazon einkauft, auch nicht. Die CSU braucht kein Google. Schließlich habt Ihr Katholiken ja schon einen Allwissenden.

Macht es doch einfach wie die Chinesen: In Bayern wird das Netz zünftig zensiert – gelernt wird wieder in der Kirche und bestellt wird wieder per Katalog. Das hat gleich mehrere Vorteile: Es gibt wieder Arbeit in Fürth, die CSU diktiert wieder die Meinung und alles ist so wie früher. Nur der Strauß fehlt noch. Aber vielleicht stellt Ihr den ja als Kopie in ein gläsernes Mausoleum in München. Da könnt ihr dann immer schön im Kreis drumrum laufen und dabei fröhlich Eure Volkslieder singen. Sozial und Sozialist. So weit auseinander ist das doch gar nicht.

Da Ihr das Grundgesetz nicht unterschrieben habt, ist das alles für Euch auch gar kein Problem. Der Stammtisch brüllt wieder zufrieden. Die Kühe muhen fröhlich im Stall. Und die Ilse auch. Nur vom Internet solltet Ihr in Zukunft die Finger lassen. Von Computern sowieso. Und vom Ausland. Da kommt doch nur so kriminelles Zeugs daher.

Doch habt keine Sorge: Wir in Baden-Württemberg machen das für Euch. Wir tun Euch etwas Gutes: Ihr habt den ganzen Ärger nicht, die Arbeit nicht und den ganzen neumodischen Kram nicht. Keine Sorge: Ihr müsst Euch um nichts kümmern: Wir nehmen Euch gerne die ganzen lästigen Software-Firmen ab, mit ihrem blöden Englisch. Die Autofirmen und das ganze Bio-Gen-Zeugs. Die TV-Sender. Und die Werbeagenturen. Da sind ja eh nur liberale Yuppies drin.

Seht, Ihr in Bayern könnt euch in aller Ruhe wieder der traditionellen Landwirtschaft widmen: Ohne Gen, ohne Traktor und ganz ohne lästige Technik. Mit Pflug und Gaul auf den Acker. Ja mei, da freut sich die Ilse. Und wir auch: Denn so billig wie die Arbeit in Bayern dann wieder ist… und der Urlaub, die Kaufkraft! Ein Traum.

Ihr seht, liebe CSU, macht einfach in Bayern das Internet ganz zu. Das ist besser für Euch und besser für uns. Aber bitte: Kommt dann nicht mit blöden Fragen zu uns. So etwa wie, was man tut, wenn das Volk gar nicht mitmacht, was die Obrigkeit will. Oder warum das Volk hungert. Oder warum wir immer ärmer werden. Da gibt es in Bayern ja seit jeher nur zwei probate Mittel: Beten und Freibier. Und wenn das nicht wirkt, ja mei…

Mehr Infos:

„Die Software- und IT-Dienstleistungsbranche in Deutschland entwickelt sich zu einem eigenständigen Wirtschaftsfaktor, dessen Bruttowertschöpfung und Beschäftigung sich in den nächsten zwei Jahrzehnten verdoppeln wird. Doch derzeit wird der Sektor als treibende Wirtschaftskraft und Querschnittsfunktion in der Standort- und Industriepolitik systematisch unterschätzt.

Die in Deutschland aus volkswirtschaftlicher Sicht oftmals besonders beachteten Sektoren Maschinen- und Fahrzeugbau werden in den kommenden 15 bis 20 Jahren im Wachstum stagnieren, während die Software- und IT-Dienstleistungsbranche ihren Anteil an der Bruttowertschöpfung verdoppeln wird.

Quelle: Fraunhofer ISI-Studie: Deutsche IT-Branche unterschätzt

Türkische Gymnasien, warum eigentlich nicht?

Die Bildungsstagnation bzw. Dequalifikation der deutschen Erwerbsbevölkerung steht in krassem Widerspruch zu den steigenden Qualifikationsanforderungen der Wirtschaft. Damit droht  Deutschland einen traditionellen Standortvorteil im internationalen Wettbewerb zu verlieren. Ohne eine bildungspolitische Kehrtwende sind angesichts von technischem Fortschritt und fortschreitender Globalisierung negative Folgen für Wohlstand und Arbeitsmarkt absehbar.  http://www.iwg-bonn.de/fileadmin/user_upload/pdf/11_Bildungsniveau_04-2007.pdf

Der türkische Ministerpräsident forderte jüngst die Einrichtung türkischer Gymnasien in Deutschland. Wenn man die reaktionär-islamistische Argumentation Herrn Erdogans kennt – ist dieser Vorschlag, so wie er ihn verwirklicht sehen will, grundweg abzulehnen.

Aber: Es spricht meines Erachtens gar nichts dagegen, fremdsprachige Gymnasien unter deutschen, säkularen Lehrplänen mit fremdsprachigen, deutschen(!) Lehrkräften und nicht-religiösen Trägern einzurichten. Denn: Tatsache ist, dass das deutsche Bildungssystem bei Migrantenkindern komplett versagt – die Quoten der Abbrecher sind enorm und die der Abiturienten und Studierenden horrend gering.

Mal ehrlich: Ein türkisches Abitur ist allemal besser als gar keins. Und es ist nicht im Geringsten abzusehen, dass mit diesen CDU-Ministern bald ein Systemwechsel im Bildungswesen gelingt, der eine akzeptable Ausbildung der benachteiligten Kinder mit Migrationshintergrund ermöglichte. Selbst meine eigenen Parteifreunde sind da nicht sehr progressiv, um es mal vorsichtig auszudrücken.

Dazu kommt, dass sich immer mehr Kinder der dritten und vierten Einwanderergeneration in der sog. Zweisprachenfalle befinden – die Eltern können kein richtiges Türkisch mehr – aber auch kein richtiges Deutsch – und so lernen die Kinder weder die eine noch die andere Sprache richtig. (Dasselbe Symptom wurde in den 70ern bei einer halben Million Finnen beobachtet, die nach Schweden ausgewandert waren.)

Ich habe meinen mittleren Schulabschluss in Finnisch gemacht – und es hat mir weiß Gott nicht geschadet. Im Gegenteil. Durch die zweite Muttersprache habe ich ein zweites Denkmodell geschenkt bekommen, meinen geistigen Horizont erweitern können und kann umso besser jetzt neue Fremdsprachen lernen. Natürlich war es schwer, als Kind eine neue Sprache richtig(!) lernen zu müssen – es mache sich keiner die Hoffnung, Deutschtürken würden auf Türkisch einfacher lernen können – eher das Gegenteil ist der Fall. Denn: alles muss in beiden Sprachen fehlerfrei(!) gelernt werden. Also doppelt.

Aber eigentlich sollten wir türkische Gymnasien haben – genauso wie italienische, griechische, amerikanische, russische und afrikanische auch. Denn unsere Zukunft ist global – unsere Bevölkerung wird vielschichtiger und wir brauchen genau diese Internationalität, um nicht in einer falschen Deutschtümelei-Romantik langsam aber sicher unterzugehen.

PS. Meine Tochter wächst, obwohl kaum jemals in Finnland gewesen, zweisprachig auf. Und auch mit „nur heimischem“ Input, kann sie sich im Alltag verständigen, Zeitung lesen oder einkaufen. Es geht, wenn man nur will.

In Kundus nichts Neues

Schon am 29.12.2009 habe ich HIER darüber geschrieben, dass die Kundus-Affäre ein Problem für Kanzlerin und ihren damaligen Kanzleramtsminister werden wird. Jetzt, drei Monate später, kommt in Form einer BND-Email genau das Dokument zu Tage, dessen Existenz ich schon damals vermutete. Der damalige Außenminister Steinmeier, SPD, der Kanzleramtsminister Thomas de Maizière, CDU und die Kanzlerin selbst haben im Wahlkampf 2009 die Bevölkerung systematisch belogen und die zivilen Opfer vertuscht. Es riecht weiterhin stark nach Rücktritten – die Opposition schießt scharf und die Kanzlerin wird ein abermaliges Bauernopfer bringen müssen, um selbst nicht in den Strudel zu geraten.

Mehr dazu http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,685688,00.html